Vielleicht auch nicht

Die Kunst der Konsenslosigkeit

Der Norweger Lars Ramberg und seine Lichtinstallation „Palast des Zweifels“ Wer in diesen Tagen am Berliner Palast der Republik vorbeifährt und den Blick zur Westfassade der Ruine richtet, bleibt unwillkürlich an sieben Buchstaben hängen: „ZWEIFEL“ steht da in riesigen Lettern auf dem Dach des Gebäudes, nachts glimmen die fast acht Meter hohen Neonröhren wie eine Lichtreklame aus den Sechzigern. Nur dieses eine Wort. ZWEIFEL. Auf einem der bekanntesten, bestimmt aber umstrittensten Bauwerke der Stadt. Es erzeugt Unbehagen, aber auch Nachdenklichkeit. Und vor allem die Frage: Was macht es da?

Seit 15 Jahren schwelt der Streit um den ehemaligen Sitz der Volkskammer der DDR. Erst vor drei Jahren entschied der Bundestag, ihn Ende 2005 endgültig abzureißen und an dessen Stelle das Humboldt-Forum zu bauen, hinter den barocken Fassaden des 1950 gesprengten Stadtschlosses. Beendet ist der Streit dadurch nicht. Gerade haben zwei PDS-Senatoren erneut Einspruch gegen die Entscheidung eingelegt.

Für den Norweger Lars Ramberg, der seit sechs Jahren in Berlin lebt, hat die Diskussion um Abriss oder Erhalt des Palastes mittlerweile einen Eigenwert entwickelt: „Bis heute fehlt ein endgültiger Konsens über die Zukunft des Gebäudes. Niemand weiß, was damit wirklich geschehen soll. Aus dem Palast der Republik ist ein Palast des Zweifels geworden.“ Der Künstler, dessen 40 Meter breite Lichtinstallation noch bis 8. Mai auf dem Gebäude zu sehen ist, sieht gerade in der Offenheit und Unentschiedenheit der Debatte eine besondere Qualität, einen echten Demokratiebeweis. Und plädiert dafür, den Ort als das zu erhalten, was er ist: ein Denkmal. Ein Monument des Zweifels, ein Raum ohne Funktionalität, ohne Ideologie, zur Erinnerung an einen Jahre währenden Streit. „Es geht nicht darum, ob der Palast besonders schön ist“, sagt Ramberg. „Es geht darum, ein sehr wichtiges Gebäude, einen Teil der Geschichte zu erhalten. Die Italiener würden nie auf die Idee kommen, das Colosseum abzureißen, nur weil man dort besser ein Disneyland bauen könnte.“ Für ihn als Norweger, der in Berlin blieb, gerade „weil es voll von Geschichte ist“, ist nicht nachvollziehbar, warum die Stadt ihre Heterogenität einfach verschwinden lässt. Seine Zweifel über diesen Mangel an historischem Bewusstsein hat er in 20.000 Volt starke Neonröhren gepackt, unübersehbar für die Passanten, die entlang der Prachtmeile Unter den Linden flanieren. Und auch sie werden angesprochen: „Die Buchstaben wirken wie ein ideologisches Statement oder die Werbung für ein Produkt. Dabei ist das Produkt das Gefühl des Betrachters“, sagt Ramberg. Die Lettern seien eine Einladung zum Nachdenken, eine Ermutigung zu Zweifel und Reflexion: über das eigene Leben und uns als Individuen in einer globalisierten Welt. Die Beschäftigung mit Identität und Globalisierung, neuen Perspektiven und historischem Wandel führt Ramberg zu einem Schluss: „?Zweifel‘ ist das ideale Logo für unsere Zeit.“






 
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